
Das Porridge gibt bereits dieses quackernde Geräusch von sich, begleitet vom leisen Zischen des Gaskochers. Im Zimmer neben mir knarzt das lackierte OSB der zweiten Etage des Doppelstockbetts – ein verräterisches Zeichen, dass Mina möglicherweise wach geworden ist. Taps, taps… „Papa, darf ich noch mal auf den Dachboden, bis das Essen fertig ist?“ Ihre Augen leuchten, fasziniert von dem geheimnisvollen Raum über uns. „Ja, Mina.“
Der Ranger hatte ihr gestern gezeigt, dass die unscheinbare Luke über unserem Schlafplatz in einen riesigen Dachboden führt. Ich nehme wahr, wie sie scheinbar mühelos in 21 verschiedene Charaktere schlüpft. Alles Routine inzwischen. Nach dem Frühstück packt Mina bereits Schlafsäcke und Matratzen ein, während ich das Zelt, das Kochgeschirr und den Rest unserer Ausrüstung verstauen und die Hütte reinigen beginne.
Kurz nach sieben sind wir startklar. Noch schnell ein Abschiedsvideo für Mama aufnehmen – dann geht’s los. Wir folgen dem gestrigen Weg zurück, vorbei an der Sophienquelle, weiter zum Schwedenpark. Hier kommen wir erneut an dem wunderschönen „Prinzessinintürmchen“ vorbei, in dem wir letztes Jahr residieren durften. Bevor es bergab geht, hallt unser Wolfsgeheul durch das Tal. Hier und da kreuzen wir eine Straße. Ich denke, wir würden direkt über die Johanniswacht gehen – doch nein, unser Weg führt uns stattdessen zur Herkulesquelle mit ihren gleichnamigen Säulen. Der Blick von hier ist atemberaubend, die Lust aufs Kraxeln riesig. Wir verweilen einen Moment, gönnen uns eine Handvoll Datteln.
Dann geht es weiter, hinab zu den Füßen der Säulen. Bevor wir erneut die Quelle erreichen, verlassen wir die Felsen in Richtung Straße. Jetzt beginnt der Aufstieg zur Johanniswacht. Letztes Jahr sind wir diesen Weg barfuß in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. Anstatt diesmal geradeaus hinter der Wacht über die Lichtung zu gehen, biegen wir scharf links ab – ein Panoramaausblick über das Tal eröffnet sich. Zwischen Bäumen und Sträuchern schlängelt sich unser Pfad hinunter ins Bielatal.

Wir passieren die Bergwacht – bekannt aus Film und Fernsehen – und wechseln noch einmal die Straßenseite. Nun folgen wir dem Lauf der Biela. Zwei sonnengewärmte Felsen am Wegesrand liegen im Schatten, als hätten sie auf uns gewartet. Schuhe aus, Füße ins kühle Wasser. Ein kleiner Snack, dann brechen wir wieder auf. Der Weg führt uns aus dem Tal hinaus, den Berg hinauf. Am Kamm entlang genießen wir den Blick ins Rosental. Die deutschen Wanderwegmarkierungen weichen allmählich tschechischen Wegweisern.

Nun geht es lange Zeit einen breiten Trail entlang. Geschätzt noch sechs Kilometer – aber nur noch zwei Stunden Tageslicht. Wieder führt der Weg bergauf, vorbei an Felsen, die wie versteinerte Tiere wirken, dann über einen Felskamm. Schließlich geht es abwärts – und vor uns liegt ein scheinbar endloser, schnurgerader Weg, ein echter „pain in the ass“.
An einer Kreuzung hält uns ein älterer Herr an. Er sucht eine Unterkunft für die Nacht, reist mit leichtem Gepäck – ein abgewetzter Rucksack, der an diese alten Trainingsanzüge erinnert, die nach dem ersten Sturz gleich ein Loch hatten. Wir schlagen den Forststeigführer auf, zeigen ihm die Optionen auf der Karte. Als wir ihm die Kamphütte vorschlagen, winkt er ab. Wahrscheinlich geht er den Weg rückwärts, von Bad Schandau aus. „Hütten sind nichts für mich“, meint er trocken. Sein Rucksack fasst vielleicht 17 Liter. Er kritzelt sich ein paar Striche auf den Unterarm, beschriftet sie und marschiert dann mit entschlossenen Schritten weiter.

Wir setzen ebenfalls unseren Weg fort. Die weiten Felder bieten wunderschöne Ausblicke. Am Rand eines dieser Felder steht eine kleine Campierhütte – verziert mit Traumfängern, bunten Steinen, Laternen und anderen liebevollen Basteleien. Perfekter Ausblick über die Landschaft. Ein junges Mädchen sitzt verträumt mit ihrem Hund auf einer Bank und hört Musik. Wir halten nur kurz für ein paar Datteln und etwas Wasser – keine fünf Minuten – dann geht es weiter.
Denn, wie Mina später im Video für Mama sagen wird: „Wir müssen hier echt beißen.“
Die schmalen Trampelpfade schlängeln sich durch mannshohes Gras. An einer verborgenen Wasserquelle mitten im Feld sammeln wir unsere letzten Kräfte für den finalen Anstieg zur Hütte.
Dann sehen wir sie endlich. Endlich.